Vom Klang der Steine zum Klang der Bilder – Meine Ausstellung in Bad Tölz

Liebe Leser, liebe Inskribienten, liebe Musiker, liebe Welt!

Meine aktuelle Ausstellung im Stadtmuseum von Bad Tölz mit dem signifikanten Titel:

Vom Klang der Steine
Zum Klang der Bilder


ist für mich in den letzten Wochen immer mehr zur Heimat geworden. Es ist doch ein großer Unterschied, im eigenen Atelier, unabhängig von der Öffentlichkeit die Werke in die Welt zu bringen und sie dann öffentlich hängen zu sehen, den Besuchern erklären zu können und den Schaffensprozess zu reflektieren.

Ausstellung

Vom Klang der Steine zu berichten, sprachlich darüber nachzudenken, ist immer nur ein Teil des Ganzen. Diese Zeilen, schwarz auf weiß gedruckt, klingen erst einmal nur, wenn Sie schon einen Stein klingen gehört haben. Dann erinnern Sie sich an diesen Klang, den Sie sicherlich niemals vergessen werden.

Zeichen der Musik

Die Bilder, die von mir stammen und dort ausgestellt sind, sind die Bilder, die ich wahrnehme während ich spiele, manchmal davor, manchmal danach. Sie sind so etwas wie die Noten, die Zeichen der Musik, die ich erfinde, komponiere und dann auf Papier und Holz festhalte.

Ausstellung

Wenn Sie ihn, den Klang des Steins, noch nicht gehört haben, dann kommen Sie mich einfach in der Ausstellung in Bad Tölz besuchen, die bis Ende September täglich – außer Sonntag und Montag – im Stadmuseum von 10-18 Uhr geöffnet hat. Normalerweise bin ich dort am Dienstag, Donnerstag und Samstag von 15-17 Uhr, aber auch wenn Sie einen Termin vereinbaren. Ich zeige Ihnen dort den einen oder anderen unserer zwölf KlangSteine, die wir ausgestellt haben, spiele sie Ihnen vor und mache Sie mit diesem Spielen vertraut.

Ausstellung

Zu jedem Tönen, zu jedem Klingen gehört in meinem kulturellen Verständnis des Abendlands immer auch ein Zeichen – mehrere, viele, unendlich viele Zeichen, ganze Wände voll von Zeichen, ganze Bibliotheken mit Büchern voll von Zeichen. Zeichen wurden in der Geschichte unserer Kulturen im Fachgebiet der Geometrie gelehrt, ausgehend von den geraden Linien, übergehend in die Kurven, die Bögen, die Kreise, zunächst noch zweidimensional, dann die Figuren, die Gestalten, mehrdimensional, Körper. Zur Geometrie gehört auch die heilige Geometrie, ein eigener, spezieller Zweig der sich zum Beispiel in der Vielfältigkeit der Pyramidenbauten materialisierte.

Alle diese Zeichen werden gemessen, ihre Länge, ihr Größe, alle Parameter; und dieses Messen ist nicht ein Zufälliges, sondern wird geordnet und gelehrt in der Disziplin der Arithmetik, der Lehre der Zahlen und ihrer Bedeutung. Meistens stehen die Lehrbücher zu diesem Gebiet im Bereich der Esoterik, sind auch oft so aufgemacht. Es gibt darüberhinaus auch andere, sehr gute Bücher dazu, ich werde in nächster Zeit eine Leseliste anfertigen.

Ausstellung

Beschäftigung mit dem Zusammenhang

Mit den Zahlen wird heute zum großen Teil Schindluder getrieben, was sehr schade ist, da ihre Bedeutung von unglaublicher Wichtigkeit ist. Die Arithmetik gehört wie die Geometrie zum Beziehungssystem der sieben freien Künste, welches seine Wurzeln in der Antike hat und im Mittelalter für jeden Menschen Pflicht war, der sich für einen Beruf ausbilden lassen wollte. In einer Zeit, in welcher die Lehre primär auf der Isolierung von Phänomenen besteht ist es von allergrößter Wichtigkeit und Bedeutung, sich mit den Zusammenhängen zu beschäftigen.

Ausstellung

In meiner aktuellen Ausstellung geht der Weg meiner ausgestellten Bilder von den frühen auf der Arithmetik und der Geometrie basierenden Bildern über die Zyklen auf der Basis der Literatur zur Musik aus Gold und Silber und öffnet sich dann in eine Thematik, die mich seit einigen Jahren zu komplett anderen Bildern geführt hat. Nach knapp 50 Jahren (ich legte 1971 meine Abiturprüfung ab) hauptsächlich lehrenden Arbeitens (Klavier, Musiktheorie, Musikgeschichte, Komposition) emeritierte ich im Sommer 2019 und befand mich nach und nach in einem Zustand der Zurückgezogenheit und der gleichzeitigen unendlichen Freiheit. Zwar hatte
ich parallel zum Lehren, welches die Existenz sicherte, immer an meiner Kunst gearbeitet, den Schlaf auf vier Stunden reduziert, was problemlos geht, und alles das umgesetzt, was ich mir nach und nach vorgenommen hatte und was mir zufiel.

Ausstellung

Die fünf Leben eines Musikers

Im Grunde hatte alles, was ich Menschen vermittelte, immer mit der Entwicklung ihrer Sinne zu tun. Und nachdem ich immer tiefer in die Welt der indischen Musik eintauchte, übernahm ich, in jahrelanger Übung das System der Inder mit den fünf Leben eines Musikers, eines Künstlers.

Dieses System geht davon aus, dass der Mensch im ersten Leben den Sinn des Sehens, des Schauens, des Observing entwickelt. Er stirbt, kommt wieder und entwickelt im zweiten Leben den Sinn des Hörens, des Lauschens, des Listening. Er stirbt, kommt wieder und entwickelt den Sinn des Lernens, des Learning; The Brain. Er versteht die beiden ersten Sinne, versteht, was sie tun und wie sie sich verhalten. Er stirbt, kommt wieder und lebt das vierte Leben, das Leben des Übens, der Erwerb des Könnens, das Practising, das Hinausgehen in die Welt, das Beglücken der Menschen durch die Kunst, um ihnen zu helfen, diese Welten auch leben zu können. Er stirbt, kommt wieder und dann ??? Die Inder lassen sich immer Zeit mit der Antwort auf diese Frage. Und irgendwann sagen sie einem dann: Thats the way to the Gods. Der Weg zu den Göttern, an deren Seiten sie dann zum Sitzen kommen.

Ausstellung

Vor einigen Jahren geriet ich in einen Prozess, der täglich heftiger wurde. Die mir bisher vertrauten und bekannten Zeichen für die Musik verweigerten sich immer mehr, Gold und Silber machte sich breit, die Bilder wurden immer größer, erst zwei dann drei dann vier bis fünf Meter lang. Die Miniaturen wurden immer tiefer, mehrdimensional, immer filigraner, Spiegel kamen dazu und ich produzierte ein Bild nach dem anderen. Dazu kam, dass ich neue Papiere entdeckte, die Dutzenden von Pinsel in die Ecke stellte und nur noch mit den Händen malte. Und alle Bilder sind Musik, alle Bilder klingen, tönen, wurden immateriell durchsichtig, zeigten die höheren Dimensionen von Musik, wurden zu Musik.

Ausstellung

Meine Bilder wurden Musik

Und so nannte ich dann die Ausstellung „Vom Klang der Steine zum Klang der Bilder“; die Klänge der Steine wurden zu den Zeichen, den Bildern, den Werken, die jetzt in Bad Tölz an den Wänden hängen. Und von dort aus tönend die Räume füllen, die Atmosphäre zum Vibrieren bringen, die Schwingungen aussenden, die die Nahrung sind für uns, für unsere Körper, unseren Geist und unsere Seelen.

Ausstellung

Denn der Klang des Steins verflüssigt den Stein, ohne seinen Aggregatszustand zu verändern. Er führt ihn wieder zurück in sich selbst, in seine eigene Vergangenheit, dort, wo der Stein ausschließlich Klang war. Bevor der Stein ein Stein wurde, bevor er Festigkeit erlangte, war er Klang; reiner, unsichtbarer Klang jenseits der Materie.

Herzliche Grüße
Klaus Fessmann