Die KlangStein-Therapie

Der 21. September wurde zum Tag der Alzheimerkrankheit und der Demenz erklärt.

An diesem Tag sind ganze Seiten im Internet zu lesen über die Zunahme der Krankheit, über das Scheitern der Forschung, über das unwürdige Leben der Patienten, die schwierige Situation der Angehörigen.

Die Pflege läuft völlig aus dem Ruder, ist nicht mehr zu bewältigen. In den USA werden Patienten, welche die Pflege nicht mehr bezahlen, nachts im Winter auf der Terrasse „vergessen“.

Es ist meines Dafürhaltens nach immer wichtig, die Richtung zu ändern, wenn man nicht mehr weiterkommt. In die Demenzforschung werden Hunderte von Millionen Dollar gesteckt, obwohl die Ergebnisse nach den Prinzipien des Gesundheits- oder Krankheitsdenkens faktisch bei Null stagnieren.

Musik war neben dem Tönen, dem Erzeugen, dem Erfinden, dem Zuhören immer schon mit dem Phänomen der Wirkung verbunden.

Das erste Musikinstrument wurde vor über 40.000 Jahren im Schwäbischen im Geisenklösterle gefunden. Seitdem machen Menschen Musik, spielen sie, imitieren sie und – heilen – damit.

Mit meinen KlangSteinen kam ich nahezu von Beginn an mit den Wirkungen dieser Klänge der Steine, dieser Musik in Verbindung. Nach einem der ersten Konzerte kamen Zuhörer auf mich zu und erklärten mir, dass ihr Tinnitus nun verschwunden wäre.

Fälle solcher Art wiederholten sich regelmäßig, es wurde für mich irgendwann notwendig, mich mit diesem Thema zu beschäftigen.

Musik, meine Grundlage, ist in allen Völkern ein Teil der Kultur, sie ist nicht wegzudenken.

Auch über die Frage, warum es sie überhaupt gibt, wurde von Generationen von Menschen nachgedacht.

Hat sie außer einem ästhetischen, auch einen biologischen Zweck?

Kann Musik heilen?

Hat Musik positive belegbare gesundheitliche Effekte?

Wenn ja, welche Art von Klängen oder Musik ist bei welchen Indikationen wirksam?

Und um beim Thema zu bleiben, ob und wie können Klänge, speziell die Klänge der KlangSteine bei Menschen mit Demenz eingesetzt werden?

Es gilt als wissenschaftlich nachgewiesen, dass Musik einen unmittelbaren Einfluss auf die zeitliche Ordnung und Intensität von Körpervorgängen hat.

Atmung, Herzschlag und Bewegungen werden durch Geräusche, Klänge und Musik beeinflusst. Die Geschichte der Musiktherapie ist uralt, wie zum Beispiel die Psalmen Davids berichten.

Die Erfahrung, dass Musik traurig, heiter, mutig, aufgeregt oder gelassen machen kann, ist sicherlich die Grundlage des Arbeitens. Aber noch nicht ausreichend für eine konkrete Anwendung sowohl im passiv hörenden, als auch im aktiv spielenden Bereich.

Behandlungen müssen sorgfältig in Zielsetzung, Durchführung und Wirkung in einer engen Zusammenarbeit zwischen Musiker und Arzt durchgeführt werden und beschreibbar sein.

Für die spezielle Fragestellung, wie Musik und Klang bei Menschen mit Demenz wirken, war die wissenschaftliche Datenlage vor Beginn unseres Tuns besonders dünn.

Im Jahr 2007 besuchte mich der Arzt und Direktor einer geriatrischen Klinik, Dr. Martin Runge von der ehemaligen Aerpah-Klinik in Esslingen. Auf der Suche nach Konzepten für seine Patienten war er auf meine KlangStein-Arbeit gestoßen.

Im Jahr 2008 begannen wir dann in der Klinik in vier Räumen täglich zu arbeiten und die KlangStein-Musik in die Therapieformen wie Ergotherapie, Physiotherapie, Psychotherapie, Palliativmedizin, Musiktherapie und Kunsttherapie einzubauen.

Unser Konzept ging davon aus, die Sinneserfahrungen als Weg zum seelischen Wohlbefinden ganz in den Vordergrund zu stellen.

Die Diagnostik und Gestaltung der sensorischen Deprivation oder Überforderung von Menschen mit Demenz war die zentrale Herausforderung der Vorgehensweise.

Hierfür, für die aktive klangliche Gestaltung des Umfeldes, des Tagesablaufs, die Vorgehensweise wie Klänge zur Stärkung der Gesundheit oder Therapie von Krankheiten und gesundheitlichen Störungen eingesetzt werden können, wurde die KlangStein-Therapie entwickelt.

Die KlangStein-Therapie basiert auf der Kunst des KlangStein-Spielens, wie sie von mir über mittlerweile 25 Jahre entwickelt wurde.

Dies geschieht auf KlangSteinen, wie sie von mir und meinem Sohn Hannes Fessmann entworfen und gebaut wurden.

Hierbei wird über den genässten, speziell gesägten Stein mit gewässerten Händen in spezieller Art und Weise gestrichen und die Lamellen dadurch in Schwingungen versetzt.

Diese Schwingungen, die sehr komplex sein können, werden über die Luft als Schallwellen und über den direkten Kontakt mit dem Stein als Vibrationen auf den Körper übertragen.

Diese Übertragung der Schwingungsenergie erfolgt gemäß den physikalischen Gesetzen der Resonanz und nach den Prinzipien der Musik wie Melodie, Harmonie und Rhythmus auf das Gewebe und die Organe.

Über 6000 Behandlungen wurden damit zwischen 2008 und 2013 durchgeführt und dokumentiert.

Diese Dokumentationen belegen, dass das Hören, Fühlen und Spielen der KlangSteine eindeutig gesundheitlich positive Wirkungen auf den Körper, die Bewegungen und die seelische Verfassung haben.

Hinzu kommt, dass wir es neben dem passiven Bespielen von Patienten erreicht haben, jedem Patienten, gleich welchen Alters, Krankheitsstandes oder dementen Zustandes, das aktive KlangStein spielen beizubringen, was zu ganz anderen positiven Ergebnissen führt.


Die KlangStein-Therapie bietet eine besondere Kombination von Eigenschaften und Möglichkeiten, die keine andere Therapieform bietet.

Eine Besonderheit ist die Verbindung von künstlerischen Möglichkeiten mit den physiologischen Wirkungen.

KlangStein spielen hat zuerst eine ästhetische Dimension in der künstlerischen Gestaltung und Komposition der Klänge, aber auch in der Gestaltung einer multimodalen Gesamtsituation, die akustische, visuelle, haptische und motorische Elemente vereint.

In der Schönheit der Gesamtsituation werden der Übende und der Patient als Personen aufgewertet. Sie werden herausgehoben aus einer sensorisch und ästhetisch deprivierten Situation, wie sie in medizinischen und pflegerischen Institutionen besonders bei kognitiv eingeschränkten Menschen in gewissem Umfang unvermeidlich ist.

Die klinisch immer wieder bestätigte Erfahrung besagt, dass das Wahrnehmen von Schönheit positive gesundheitliche Wirkungen hat.

Der SWR hat die Behandlung mit KlangSteinen in der Klinik und in anderen Häusern über 1 Jahr mitverfolgt und gefilmt. Der Film „Wenn Klänge heilen“ wurde im Jahr 2011 gesendet.